Philipp Leininger – Meine Webseite

Reiseblog Indien – Mai 2002

Freitag, 3.5.2002 – Freitag, 24.5.2002

Tag 1 – Die Anreise zum Subkontinent


Abgesehen davon dass ein 10-stündiger Flug über den Umweg Dubai strapaziös werden kann, treffen wir planmäßig in Delhi, Indiens Hauptstadt, ein. Die Stadt entspricht auf den ersten Eindruck absolut meinen Erwartungen: Delhi erstickt an diesem Tag förmlich unter einer überdimensionalen Smogglocke. Es hat 42°C und beim Verlassen des Flughafengebäudes bleibt einem im ersten Moment die Luft weg. Wir werden von unserem Guide Rawi, 2 Fahrern und einem weiteren Inder mit 2 Toyota-Jeeps abgeholt. Alleine die Fahrt nach Delhi ins Hotel, wo die anderen Tourenmitglieder schon auf uns warten, ist für jeden Europäer ein Abenteuer für sich.

Es herrscht Linksverkehr und es gibt 2 Spuren, aber in Indien fährt man auch in 3.4. ja sogar 5. Reihe. Kreuz und quer, ohne Blinken, ohne Licht, dafür wird das Verkehrsgewimmel der 20 Millionen Stadt mit lautstarkem Hupen begleitet. Manche Verkehrssituation bedürfte in Europa eines Waffenscheins. Roller mit 15 Personen an Bord, total verrostete Vehikel aus den Relikten der Kolonialzeit und jede erdenkliche Form von Rikscha . Aber man gewöhnt sich schnell an dieses „Auge-um-Auge-Zahn-um-Zahn-System“.

Ganz anders die Armut, das Elend, der Dreck! Ich glaube es kann keinen wesentlich schlimmeren Ort auf dieser Welt mehr geben, nicht einmal in den berühmten „Favelas“ in Rio de Janeiro oder Sao Paolo kann es mehr Armut geben. Dazu kommt der Müll, Tonnen davon und Staub, was aber das Schlimmste ist, es gibt eigentlich keine Hoffnung auf Besserung. Wie soll das auch in einem Land mit 980 Millionen Einwohnern funktionieren?

Wir verlassen, nachdem wir unseren 2. Guide und die drei Mitreisenden im Hotel Siddharth aufgenommen haben, zu elft Delhi, nach fast 2stündiger Stadtfahrt Richtung Norden und begeben uns in eine wälzende Verkehrslawine, bestehend aus Autos, Rikschas, Bussen, Trucks, Mopeds, Fahrrädern, Pferdewagen und Kühen. Und letztere gibt es in Indien wie Sand am Meer. Nach mittäglichem Stopp erreichen wir am Abend den Pilgerort Rishikesch und beziehen dort unser Hotel. Die Aussicht auf den Ganges von den Zimmern ist atemberaubend.

Am Abend, bei Sonnenuntergang, besucht unsere Truppe den Pilgerort Haridwar. Haridwar ist einer der heiligen Pilgerorte im Hinduismus. Es ist eine mystische Stimmung. Hunderte Inder schwimmen, baden und beten im Heiligen Fluss, es duftet nach Weihrauch und überall tönt Musik. Es ist ein tolles Erlebnis, würden da nicht die Bettler sein, von allen Seiten erscheinen sie uns mit allen Tricks versuchen sie den „Weißen“ ein paar Rupees abzuluchsen. Es bedarf großer Hartnäckigkeit, diese Bettler abzuschütteln. Am Abend wird im Hotel noch zu Abend gegessen, wir fallen förmlich ins Bett, so müde sind wir, von einer 20stündigen Reise von Salzburg nach Frankfurt, Dubai, Delhi, Rishikesh!

 

Tag 2 – Tempel, Ashram und anschließend auf ins Gebirge


Nach dem Frühstück verlassen wir unser erstes Nachtquartier und fahren ein Stück den Ganges flussaufwärts ins eigentliche Rishikesch. Nach der Überquerung einer Hängebrücke dürfen wir einem Tempel besichtigen. Begleitet werden wir von einem, in oranges Tuch gehüllten Hindu-Mönch, einen sogenannten Sadhu. Der Name dieses höchsten Tempels Indiens lautet Swani Sadanand Missire Centre. Die Inder haben über eine Million Götter, die genaue Zahl ist nicht bekannt. Der Zweite Tempel, Swarg Ashram, ist eine Art Yoga-Trainingszentrum. In verschiedensten Räumen und Orten wird gepredigt, gebetet und referiert. Die Hin- und Rückfahrt findet mit einem Boot über den Ganges statt.

Wir verlassen Rishikesch und den eigentlichen Ganges, von nun an geht es steil bergauf. Wenn man glaubt, dass Serpentinenstraßen ohne Leitplanken die Inder dazu veranlassen könnten, geordnet bzw. gemäßigt zu fahren, der irrt gewaltig. Überholen mit Hupen in unübersichtlichen Kurven bei bis zu 200 Metern freien Fall, gehört zur Tagesordnung. Wir gewinnen mit unseren Toyota Minivans rasch an Höhe, die ersten Reisterrassen tauchen auf. Nomaden sitzen mit ihren Kuhherden am Wegesrand und kochen und beten. Je weiter man in das Himalayagebiet fährt, desto wohlgenährter sind die Kühe und desto mehr Arbeit von den Menschen wird verrichtet.

Nach zahlreichen Schluchten und Flüssen, erreicht unsere Gruppe am Abend Uttarkashi. Vom Zimmer unseres Hotels aus, hat man einen wunderschönen Blick auf das Tal, den Fluss und die Bäuerinnen auf den Weizenfeldern, die gerade die Weizenernte einbringen! Am Abend beobachte ich dann noch, wie im ganzen Dorf auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses die Lichter angehen und 2 Minuten später wieder ausgehen. Auch das ist in diesem Land normal. Strom und demzufolge elektrisches Licht gibt es nur dann und wann, das Energieversorgungsnetz in diesem Land ist heillos überlastet.

Tag 3 – Ins Hochgebirge nach Gangotri


Nach dem Frühstück geht es weiter, das Tal flussaufwärts. Der Fluss gewinnt an „Stärke“, die Stromschnellen machen ihn zum tosenden Wildbach. Unser Weg wird gesäumt von Kuhherden und deren Besitzern, den Nomaden. Als wir auf eine Nomadengruppe aus Rishikesch stoßen, werden wir sehr herzlich empfangen. Innerhalb von 2 Minuten schart sich die ganze Familie um unsere Kameras. Es ist erstaunlich welche Freundlichkeit die Menschen besitzen, welche Zufriedenheit. Auch das wenige was sie besitzen, würde sie bereitwillig mit anderen teilen.

Die Reise geht weiter Richtung Gangotri. Nach zahlreichen Schluchten (man blickt besser nicht in den Abgrund, in Indien gibt es natürlich – wie schon erwähnt keine Leitplanken), erreichen wir Harsil, ein kleines Dörfchen am Flusslauf. Eingekesselt von den schneebedeckten Bergen des Himalaya und der nur 10 Kilometer entfernten Grenze zu China, spazieren wir zu einem Buddhistischen Kloster. Im Gegensatz zu den teils sehr kitschigen Skulpturen und Ashrams des Hinduismus, ist dieses buddhistische Kloster sehr schlicht. Im Innenraum gibt es kein Licht, es sieht eher aus wie eine vorsintflutliche Alm in den Alpen. Schwarzes, schweres Holz, Buddha-Statuen und der Mönch, der uns erklärt, dass er seit 42 Jahren hier im Exil von Tibet lebt. Es ist ein ergreifendes Gefühl für mich, diesen Tempel betreten zu dürfen.

Nach einem Mittagsmahl im Dorf, draußen regnet es in Strömen, steht die letzte Etappe in das auf 3.140m hoch gelegene Gangotri an, wo wir unser Nachtquartier in einem „Gästehaus“ haben. Nach Besuch des Tempels und anschließendem Rundgang durch das Dorf wird zu Abend gegessen, anschließend begeben wir uns zur Ruhe, in einem Haus, ohne Strom, oder nur dann und wann, ohne fließend Wasser, dafür mit Blick auf die atemberaubende Kulisse
des Himalaya.

Tag 4 – Der erste Trek, von Gangotri nach Bhojbasa


Unmittelbar vor der Tempelanlage Gangotris windet sich der Wanderweg in steilen Treppen nach links bergwärts. Er führt durch Lärchenwälder, die Steigung ist bis zur Hälfte des Treks
kaum spürbar. Trotzdem sind die 14 Kilometer eine anstrengende Tortour. Wir gelangen immer tiefer in das Tal hinein, der Fluss, der später auch zum Heiligen Ganges wird, begleitet uns stets.

Damit wir nicht unser schweres Gepäck schleppen müssen, werden in Gangotri 20 Scherpas angeheuert, die unser Gepäck, Zelte, Tische und Lebensmittel für uns tragen. Sowohl deren sehr gute Kondition sowie dessen teils katastrophale Ausrüstung (mit Sandalen unterwegs) versetzen mich in Erstauen bzw. in Entsetzen. Gegen 17:00 Uhr Nachmittags werden wir für die langwierige Wanderung belohnt. Malerisch in einer Hochebene gelegen, erblicken wir Bhojbasa, eine Siedlung auf 3.792m. Mittlerweile sind auch die Bäume verschwunden. Die umliegenden 6.000er sind zum Greifen nahe. Die Zelte werden von den Sherpas und unserer Küchencrew aufgebaut. Die Berge vor uns heißen Bawagirathi (Peak 1-3) und der heilige Shivling zur Rechten (6.540m).

Mit dem Wissen, nun wirklich am Dach der Welt zu stehen, begeben wir uns zur Bettruhe in unsere Zelte. Die Nacht ist sternenklar und klirrend kalt und sehr windig, aber hier sein zu können, am Fuße des Heiligen Berges Shivling, einer der schönsten Berge des Himalayas, ist Trost genug.

Tag 5 – Von Bhojbasa nach Tapoban – unser höchster Punkt


Gleich eines Vorweg: Die Nacht war furchtbar, der Wind und die Kälte haben mein Schlafpensum auf eine Minimum verringert. Hätte ich gewusst, was uns an diesem Tage bevorsteht, hätte ich vermutlich 2 mal überlegt, ob ich da mitgegangen wäre. Von unserem „Basislager“ in Bhojbasa geht es zunächst ca. 100 Höhenmeter steil bergan, anschließend schlängelt sich der Weg in Richtung Gletscher.

Ich bin rückblickend sehr froh über die Entscheidung meines Vaters auf halben Weg auf unsere Rückkehr von Tapoban zu warten. In Anbetracht seiner gesundheitlichen Lage war es das Beste auf uns zu warten.

Es geht weiter über sehr grobe Felsblöcke die oft unter den Füssen wegrutschen, teils über Schneefelder, zu unserer Rechten gewinnt der Shivling zunehmend an Höhe und Kontur. Wir sind mittlerweile auf ca. 4.200m. Dann folgen die letzten Höhenmeter auf ein Hochplateau wo der Ashram von Tapoban liegt. Der sogenannte Gangotrigletscher liegt auf 4.460m Höhe. Dieses Teilstück zum Gletscher ist ein absoluter „Konsitionspusher“. Die ca. 300m Höhenunterschied zum Plateau geht es in steilsten und furchtbar rutschigen Serpentinen hoch. Doch oben
angelangt, mit hängender Zunge, bietet sich einem der wunderschöne Blick auf den Gangotrigletscher und auf den Shivling, der jetzt zum Greifen nahe liegt.

Auf dem Gletscherplateau lebt ein Sadhu, der uns Tee serviert. Nach einer halben Stunde Rast geht es talwärts gen wartenden Vater. Ohne Hilfe der Guides hätte es so manch einer (mich eingeschlossen) nicht ohne Verletzung geschafft, diesen Steilhang wieder abzusteigen. Aber es geht Gott sei Dank alles gut, wir erreichen meinen Vater um halb vier Uhr nachmittags und sind kurz nach 18:00 Uhr im Camp. Schon um 21:00 Uhr fallen wir alle völlig geschafft in unsere Schlafsack-Betten und ruhen uns von bisher anstrengendsten Tag aus.

Tag 6 – Von Bhojbasa nach Chirbasa


Diese Nacht war etwas besser, dennoch sind wir müde von den Strapazen der letzten beiden Tage. Da die ursprünglich geplante Tour eine Nächtigung in Topoban vorsah, diese aber aufgrund des noch vielen Schnees abgesagt wurde, haben wir einen Tag „gewonnen“.

Unser Trek verlässt Bhojbasa und wir wandern 5 Kilometer talwärts Richtung Gangotri. Unsere Zelte werden auf einer malerischen Lichtung direkt, neben dem Fluss Bhagirathi Ganga aufgeschlagen. Der Name dieser Stätte lautet Chirbasa. Nach den Strapazen der letzten Tage, genießen alle den ausgiebigen Nachmittag um in der Sonne oder im Schatten die Seele baumeln zu lassen.

Am Abend bekommen wir noch Gesellschaft von einer Schulklasse aus Bombay oder Mumbai wie die Inder sagen. Die Lehrer haben tatsächlich vor, mit den Kleinen (Kinder im Alter zwischen 8 und 16 Jahren) nach Topoban aufzusteigen. Ein ruhiger gemütlicher Abend klingt mit einem warmen Lagerfeuer aus. Der Tag endet so friedlich in dieser Landschaft, wie er begonnen hat.

Tag 7 – Wieder nach Gangotri – zurück nach Uttarkashi


Heute steht der Rückweg in die Zivilisation an. Wir brechen um 8:00 Uhr von Chirbasa auf. 9 Kilometer Rückweg nach Gangotri liegen vor uns. Da die Gruppe vom Vortag relativ ausgeruht ist, erreichen wir bereits gegen Mittag unser Ausflugsziel Gangotri. Mir obliegt die Aufgabe den 20 Trägern einen kleinen Obolus von jeweils 100 Rupees (umgerechnet 2,3 €) zu überreichen.

Mohan, unser Bergführer, lässt die 20 Leute in eine Schlange aufstellen und ich überreiche ihnen nach der Reihe die 100 Rupees. Den Gesichtsausdruck bzw. die Freunde mancher zu beschreiben, ist mit ein paar Worten nicht möglich. Nach dem Lunch geht es erstmals seit 4 Tagen wieder ins Auto.

Eine 3stündige Autofahrt nach Uttarkashi steht bevor. Nach der anstrengenden Fahrt, ähnlich eines Segeltörns in der Antarktis und einer Dusche versuchen Vater und ich in der Stadt eine Map der Region Uttaranchal zu bekommen.

Am Markt ist die Hölle los. Alles Bewegliche ist vorzufinden. Von Kühen, Schweinen, Pferden, Hunden, Autos, Mopeds, Trucks und Fahrrädern bis natürlich zu den Menschen selbst. Mit etwas Durchfragen geling es uns schließlich 2 Karten zu ergattern. Das Tourist Bureau ist hinter einem Vorhand versteckt, den man ohne Hilfe Einheimischer nie finden würde.

Tag 8 – Von Uttarkashi nach Rudrapayag


Wir lassen Uttarkashi hinter uns. Es geht entlang am Bhagirati Ganga nach Tehri und über eine Bergstraße nach Srinangar. In einem kleinen Bergdorf halten wir an um Wasser und Proviant zu bunkern. Detlef lässt es sich nicht entgehen, zum Preis von 25 Rupees, eine Hinterkopfrasur beim hiesigen Barber vorzunehmen.

Die Landschaft ist etwas lieblicher am Lauf des Alaknanda Ganga, die Hitze jedoch schier unerträglich. Gegen 15:00 Uhr ist die Autofahrt beendet, unser wirklich sehr komfortables Hotel, auf einem Felsen gelegen, bietet uns einen annähernd westlichen Standard. Am Abend besichtigen wir den Zusammenfluss von Mandakini Gaga und Alaknanda Ganga in Rudrapayag.

Unmittelbar neben der Stadt liegt recht unscheinbar ein Hindu-Tempel samt Schrein. Rawi unser Guide meint, ein echter Hindu müsse zuerst sein Gesicht waschen, und anschließend zum Gebet schreiten. Beim Anblick des Wassers weiß ich aber ,dass ich nicht einmal meine Zehenspitze in dieses dreckige Wasser tauchen würde. Als Belohnung für unsere mehr als schmachtende Tour im Auto, gibt es am Abend ein Dinner vom Feinsten, im Park des Hotels werden wir in einem Baumhaus vom Hotelpersonal verwöhnt!

Tag 9 – Weiter nach Badrinath


Das erste Mal seit Ankunft in Indien gibt es Corn Flakes mit kalter Milch!!! Auch sonst wird uns beim Breakfast jeder Wunsch von den Augen abgelesen. Unsere beiden Jeeps setzen die Reise gen Norden fort. Dazu sei aber eines ergänzt dass wir mit 3 Fahrzeugen unterwegs sind. Da im dritten Wagen aber das Küchenpersonal sitzt, und dieses erst morgen in Auli wieder benötigt wird, fährt der dritte Wagen direkt nach Auli.

Wir durchqueren Karanprayag, Nandrapayag, Chamoli und Joshimath. Dann beginnt der alpine Teil der Reise. Von Joshimath aus, geht es in steilen Serpentinen zuerst bergab. Entlang des Flusses und an einer riesigen Baustelle für ein Kraftwerk, biegt die Straße ins Tal Richtung Badrinath ab. Eines sei dazugesagt: von Straße kann keine Rede sein. Da bis vor kurzem das ganze Tal eingeschneit war, ist die ganze Straße entweder weggeschwemmt oder verwandelt sich in eine Schotterpiste. Die Strecke von 13 Kilometern bis zum Talschluß bzw. der Hochebene wo Badrinath liegt, ist nur äußerst beschwerlich zu bewältigen. Die Fahrt gleicht eher einer Hochschaubahn, nach dem Motto „Auf und Ab“. Mehrere Schneebretter und Muren haben die Stromleitungen gänzlich gekappt. Indische Bautrupps arbeiten in dementsprechenden Tempo (1 Beispiel: 7 Leute, einer arbeitet, drei sitzen in der Sonne und 3 schlafen im Schatten).

Dann endlich öffnet sich der Canyon zur Hochebene von Badrinath. Die Kulisse ist atemberaubend. Das Dorf, bzw. die Ansammlung von morbiden Hotels, liegt malerisch eingebettet von 6,000 bis 7,000m hohen Bergen. Wir haben die Ehre im „wunderschönen“ Hotel Narayan Palace abzusteigen. 2 Stockwerke sind scheinbar noch geplant, die Betonträger stehen heraus. Auch die Lobby ist nicht sonderlich einladend. Es liegt eine dicke Staubpattina auf dem Fußboden, viele Kartons und Schachteln stehen herum. Es ist schon fast eine Schande, dass 5 Tage vor Saisoneröffnung ein Hotel wie ein Geisterschloss aussieht. Kein Strom, kein Licht und auch die Zimmer nur halbfertig. Es bedarf einiger Überredungskunst unseres Guides das Hotel überhaupt beziehen zu dürfen oder zu müssen.

Aber nichts desto trotz werden wir mit dem Besuch des Bergdörfchens Mana wieder zufriedengestellt. Das Dorf wird ein halbes Jahr, wenn der Schnee geschmolzen ist, von Siedlern bewohnt, das andere halbe Jahr ist alles wie ausgestorben. Auch wir finden das verfallene Dorf völlig ausgestorben vor. Es ähnelt einem Schweizer Bergdorf, nur die Ashrams verraten dass wir uns noch in Indien (China ist nur 18 Kilometer entfernt – dementsprechend ist die Militärpräsenz) befinden. Das Abendesse ist zwangsweise mit Kerzenlicht, dafür ausgezeichnet. Die Bierromantik am Abend entschädigt für das Hotel und die Anfahrt zu selbigem!

Tag 10 – von Badrinath nach Auli


Es gibt wieder warme Milch zu den Corn Flakes. Außerdem ist um 6:15 Uhr ein nicht dezentes Klopfen in sämtlichen Zimmern zu vernehmen. Der „Waterman“ ist da! Da keine Heizung vorhanden ist, bringt dieser „Waterman“ kübelweise erwärmtes Wasser. Damit ist der Vorsatz bis 7:00 Uhr zu schlafen dahin.

In Badrinath besuchen wir anschließend noch den Tempel. Über eine Hängebrücke geht es hinüber zum Tempel der auf einem Felsen steht und majestätisch vor der imposanten Bergkulisse thront. Der Tempel ist so heilig, dass gleich 2 Soldaten des hiesigen diesen streng bewachen. Nach diesem Besuch geht es abwärts vom Hochplateau, zurück nach Joshimath.

Für den bevorstehenden Treck ist ein Großeinkauf nötig. 21 Flaschen Bier und kistenweise Mineralwasser werden in unsere Autos geladen. Rawi noch auf die Kisten gesetzt, und anschließend fahren wir die Straße von Joshimath nach Auli hinauf. Aber aus dem Süden nähert sich schnell eine Schlechtwetterfront, kaum in Auli angekommen, bleibt nur noch die Flucht ins Küchenzelt.

Es regnet sich ein. Gewitter und Donner wechseln sich ab. Der Rest des Nachmittags endet im Zelt bei Rum, Tee und Kaffee.

Tag 11 – Auli – Ghat – Trekking Day 1 (Aufstieg)


Was war das für eine Nacht! Abwechselnd Hundebellen (ca. 1 Stunde ununterbrochen) und Schießübungen der indischen Armee auch in der Nacht. Ist ja eigentlich auch kein Wunder, wenn man direkt neben einem Truppenübungsplatz campiert.

Nach dem Frühstück gehen wir zusammen mit Mohan Richtung Bergstation der Auli Seilbahn. Der verwöhnte Europäer muss nämlich wissen, dass hier in Auli ein Wintersportdorado für wohlhabende Inder ist. Allerdings möchte ich gleich einwerfen, die Liftanlagen würden bei Prüfung einer westlichen Kommission gänzlich durchfallen.

Der Aufstieg bis ins Waldstück ist heiß und nicht sonderlich aufregend. Die Sicht ist alles andere als klar. Daher sind Nanda Devi East und die anderen 7.000er des Himalaya Massivs leider nur sehr schemenhaft in der Ferne zu erkennen.

Aber ab dem Waldstück ist es eine wunderschöne Wanderung. Vorbei an Gummibäumen und einem kleinen Hinduschrein, gelangen wir schließlich auf eine begrünte Hochebene.

Dann sehe ich plötzlich Rawi und Mohan heftig gestikulieren. Bis zum oberen Stück der Weide ist der Weg schön und leicht zu bewältigen, doch der Berg wird wie ich ursprünglich dachte, nicht überquert sondern umgangen. Diese Schrägtraverse hat es in sich. Ein Treppelweg, keine 2 Fuß breit, windet sich entlang des Berges, links geht es bis zu ca. 300m über einen ziemlich steilen Abhang in die Tiefe. Dieser Weg dürfte vermutlich auch Inhalt der vorherigen Diskussion der beiden Guides gewesen sein. Abschließend sei gesagt, alle haben es irgendwie geschafft, aber dieser Weg war geradewegs kriminell und für eine Gruppe mit teils nicht so erfahrenen Wanderern schier unzumutbar.

 

Die Entschädigung der strapaziösen Wanderung ist jedoch nicht minder erwähnenswert. Eine Lichtung, gesäumt von Gummibäumen und Rhododendren, die Maultiere, das romantische Lagerfeuer, rundherum Wald und am Abend ein eiskaltes Bier, stimmen uns wieder versöhnlich und lassen diesen Schrecken schnell vergessen.

Tag 12 – Auli – Ghat – Trekking Day 2 (Über den Kuari Pass)


Der Aufstieg zum Kuari Pass folgt. Nach einem kurzem Waldstück erreichen wir eine Hochebene mit begrünten Garten. Bäuerinnen mit riesigen Ballen Stroh kommen uns entgegen. Wir müssen mehrere Bergkämme entlang und schließlich über einige Schneefelder.

Der Pass liegt zwar eigentlich genau gegenüber, wir müssen dennoch das ganze Seitental ausgehen. Kurz vor dem Passt quert der Weg besagte Schneefelder. Jutta hat großes Glück, sie rutscht ab und es geht mindestens 20m bergab. Sie kommt zum Stillstand und mit einem blauen Auge davon. Dann sind wir am Kauri Pass angelangt. Von da an geht es in steilen Serpentinen bergab. Fast eine Stunde lang nur bergab, unten brennen mir die Fußsohlen, der Zeltplatz hingegen ist wieder einmal wunderschön, der Rest des Nachmittags lädt zur Erholung ein.

Tag 13 – Auli – Ghat – Trekking Day 3 (Nach Panarani)


Vom gestrigen Nachtlager geht es abwärts durch den von Rhododendren gesäumten Wald. Die Vegetation gleicht mehr einem Urwald als einem Bergwald. Nach steilem Abstieg und einer mühevollen Bachquerung, folgt ein ebenso steiler Aufstieg. Ich erreiche als erster die Bergwiese, auch unsere Lasttiere lassen nicht lange auf sich warten. Rawi erzählt mir, dass nur in den Sommermonaten die teils verfallenen Hütten besiedelt werden. Von nun an geht es bis zum heutigen Camp nur noch bergab. Schon von Weitem öffnet sich das Tal und vor uns liegt Panarani.

Wir schlagen unser Zelt oberhalb des Dorfes auf. Auch diesen Abend wird ein Lagerfeuer entfacht. Die Nacht ist abgesehen von Regen und Hundegebell wieder sehr alpin, man benötigt zum Schlafen im Zelt Steigeisen, damit man nicht abrutscht.

Tag 14 – Auli – Ghat – Trekking Day 4 (Die Hängebrücke)


Wir brechen am Morgen, etwas verschlafen, auf und durchwandern das Dorf Panarani. Hier ist wirklich das Rad der Zeit stehengeblieben! Es gibt weder fließend Wasser noch Strom, die nächste befahrene Straße liegt zwei Tagesmärsche entfernt. Dennoch, für uns Europäer nicht oder nur sehr schwer begreiflich, gibt es hier so etwas wie Zufriedenheit. Die Leute sind so scheu und schüchtern, dass sie erst aus ihren Häusern herauskommen, wenn unsere Truppe ihnen schon wieder den Rücken zugedreht haben und beabsichtigt weiterzugehen.

Entlang des Talschlusses beginnt der Weg leicht, aber kontinuierlich anzusteigen. Was dann folgt ist etwas härter. Wir müssen viele hundert Meter bis zu einem der vielen Zuflüssen des Ganges absteigen und dass bei brütender Hitze und in einem reinen Sonnenkegel, wo kein Baum Schatten spenden kann. Die Hängebrücke über den Fluss ist gigantisch. Etwas wackelig wirkend, bringt sie uns jedoch sicher auf die andere Seite.

Nach einer einstündigen Zwangspause, Mohan und Rawi waren sich nicht über den Weg einig, daher ging ein Trupp von uns den längeren Weg, geht es steil hinauf nach Jhenjipani, einer Ansiedlung von gut 20 Häusern. Auch hier werden wir herzlichst empfangen bzw. ist die Neugierde wegen einer 7-köpfigen Reisegruppe von Weißen sehr groß.

Die Freundlichkeit der Bevölkerung begeistert mich immer wieder. Würden Land und Leute nicht gänzlich für die Wanderstrapazen entschädigen, hätte vielleicht mancher einer der Gruppe die Flinte ins Korn geworfen. Vom Dorf ab geht es ca. 500 Höhenmeter in nicht enden wollenden Serpentinen steil den Berg hinauf. Oben angekommen breitet sich eine wunderschöne Almlandschaft vor mir aus. Eine Hirtin liegt unmittelbar vor mir leicht dösend im Gras. Da ich als ersten oben angekommen bin, warte ich auf den Rest der Truppe. Es dauert jedoch keine zwei Minuten, bis hinter einer Hügelkuppe vier Kinderköpfe auftauchen, die mich mit einem freudigen „Hello“ begrüßen!

Nachdem ich jedem Kind die Hände geschüttelt habe, gesellen sie sich, mich umringend, zu mir und als sie meinen Fotoapparat erblicken, werde ich mit einem unschuldigen Lächeln gebeten, ein Foto von den Kleinen zu machen.
Nach diesem kurzen Zwischenstopp sind noch ca. 300m ebenen Weges zu bewältigen, dann ist der romantische Zeltplatz inmitten einer Lichtung erreicht, wir haben es auch heute wieder einmal geschafft.

Tag 15 – Auli – Ghat – Trekking Day 5 (Das ganze Dorf kommt zusammen)


Ein turbulenter Morgen! Vater tappt halb schlaftrunken von der alpinen Nacht, unser Zelt stand nicht gerade, aus selbigen und findet vor sich einen zirka 5 cm großen, schwarzen Skorpion vor sich. Leichtes Unbehagen macht sich im Camp breit, Schuhe, Socken und sonstiges Equipment werden vorsichtig ausgeschüttelt.

Die zweite Überraschung ist, dass eines der acht Pferde abhanden gekommen ist. Das Gerücht, ein Leopard hätte es gerissen, erscheint wie sich später herausstellt, als unrichtig.

Kurz nach 8:00 Uhr brechen wir auf. Ich komme mir vor wie in einem Märchenwald. Die Bäume und Pflanzen gleichen eher der Vegetation eines Dschungels. Keine 10 Minuten unterwegs, entnehmen wir ca. 20m rechts von uns entfernt, ein Brüllen und Rascheln aus den Bäumen. Affen turnen herum und zwar den ganze Baum besetzend. Es handelt sich um Lemuren. Der Weg wird steiler und windet sich von nun an in Serpentinen, die aber nicht so steil wie die des Vortages sind, den Berg hinauf. Auf der Passhöhe angekommen, werde ich von einer , wie es scheint Großfamilie begrüßt. Ich setze mich etwas abseits und auf die anderen zu warten, doch es dauert keine 3 Minuten bis sich zwei Männer zu mir gesellen und meine Stöcke begutachten. Als dann 15 Minuten später mein Vater und Jutta eintreffen, nimmt sich einer der beiden Vater’s Nikon Kamera um diese näher zu begutachten. Vater erklärt ihm wo man ein- und ausschaltet und wo man abdrückt, und anschließend werden wir Zeugen, wie ein Inder mit einer Profikamera Papa fotografiert.

Nach längerer Pause geht es weiter talwärts. Das Schlimmste ist geschafft, vor uns öffnet sich ein weites Tal. Ramani, unser eigentliches Ziel liegt unter uns. Da die Straße von Ramani
nach Ghat nicht vollständig passierbar ist, entscheiden wir uns für das Nachbardorf. Das heutige Camp schlagen wir etwas oberhalb des Dorfes auf dem ehemaligen Schulareal auf.

Es hat den Anschein als wären alle Kinder des Dorfes auf unserem “Campingplatz” bzw. ist dieser sogenannte Zeltplatz ja eigentlich Spielplatz für die Kinder. Sämtliche Süßigkeiten und Malstifte werden verschenkt. Beim Versuch mich unter einen schattigen Baum zu setzen um ebendiese Zeilen zu schreiben, werde ich von ca. 15 Kindern verfolgt bzw. anschließend umringt. Ich zeigen ihnen die Fotos meines Indienkataloges und die Landkarte von Uttaranchal.

Anschließend muss Papa und Jutta dran glauben! 20 oder 30 Kinder sollen mit Pflastern versorgt werden. Jedes Kind bekommt ein Pflaster, ich habe nie glücklichere Menschen gesehen. Mit der Genugtuung Kindern in einer völlig fremden Welt am Rande der „Zivilisation“ etwas gutes getan zu haben, gehen wir die letzte Nacht in unser Zelte schlafen.

Tag 16 – Auli – Ghat – Trekking Day 6 (Zurück in die Zivilisation)


Vom Hochplateau aus geht es durch mehrere dorfähnliche Siedlungen hinab ins Tal. Waren in den letzten Tagen Tiere und Pflanzen vorrangig, so sind es heute Kinder. Rawi erzählt mir, dass auf eine Familie durchschnittlich 4 Kinder kommen. Kaum setzen wir einen Fuß in ein Dorf, werden wir sofort von einer Schar Kinder umringt. Wir benötigen samt Fotostopps rund zwei Stunden bis zur Straße ins Tal.

Doch von den Autos, die uns abholen sollen, fehlt jede Spur. Sudama, unser Mädchen für alles, fährt mit einem Jeep-Taxi nach Ghat mit, um die Autos zu holen. Es sind rund 8 Kilometer in das Dorf, da es sehr heiß uns schwül ist, gehen wir den Fahrzeugen entgegen. Die einzige Entschädigung für den 8 Kilometer langen Fußmarsch (die Autos kommen uns nämlich erst unmittelbar vor dem Dorf entgegen), ist die Tierwelt. Wir sehen Papageien, Adler in unmittelbarer Nähe und ganze Affenfamilien. Jetzt hat uns die „Zivilisation“ wieder. Es ist ein komisches Gefühl nach 7 Tagen ohne Dusche, Strom und Auto wieder in die laute, hektische Welt einzutauschen.

Genächtigt wird in einer sogenannten Tourist Lodge, wo wir uns das Zimmer mit einem hiesigen Gekko teilen. Am Abend findet dann noch eine Hochzeit im Dorf statt, die ganze Bevölkerung ist auf den Beinen. Geschlafen wird in Betten, welch’ erhebendes Gefühl nach 6 Zeltnächtigungen!!

Tag 17 – Nach Ranikhet


Unser Gemeinschaftsbalkon, wo wir am Nachmittag des Vortages noch saßen und uns vom Trek erholten, wird um 1:00 Uhr Nachts zum „Open-Air-Schlafsaal“ umfunktioniert.

Matratzenlager werden aufgestellt und das ganze mit tosendem Lärm. Außerdem zieht ein Gewitter auf, welches am Tag Vermurungen hinterlässt. Heute sollen wir Nanda Devi sehen, wir müssen zu diesem Zweck jedoch einen gehörigen Umweg machen.

Nach Wartezeiten bei Muren Beseitigung, geht es in einem der folgenden Dörfer nicht mehr weiter. Ein Sitzstreik wegen einer politischen Demonstration, zwingt uns zum umkehren.
Die Fahrt verläuft nun wieder auf der geplanten Route ohne nennenswerte Vorfälle. Wir erreichen um 17:00 Uhr Ranikhet, ein Erholungsstädtchen (und Militärbasis) auf ca. 2.000m Seehöhe, wo wir in einem typisch englischen Club untergebracht werden.

Tag 18 – Von Ranikhet nach Nainital


Nach einem ordentlichen kontinentalen Frühstück à la Großbritannien (kalte Milch zu den Corn Flakes und Detlef bekommt seine Spiegeleier), geht es weiter Richtung Nainital, bzw. vorher wollen wir noch den Kalika-Tempel, eine Hinduistische Stätte besuchen. Als unsere Gruppe beabsichtigt in die Fahrzeuge zu starten, bebt die Erde, kracht der Himmel, 2 MIGs oder 2 Mirage (wie soll man das bei diesem Tempo auch feststellen?) fliegen im Tiefflug mit lautem Getöse über uns hinweg. Ein gewisses Unbehagen quält mich, wohl wissen, dass die gesamte indische Armee Vorbereitungen auf einen „Vergeltungsschlag“ gegen Erzfeind Pakistan plant. Dennoch geht es weiter, bzw. gar so recht weiter kommen wir nicht.

Nach der Tempelbesichtigung hält plötzlich unser Fahrer, Rawi springt aus dem Auto uns läuft eine Straße hinunter. Er kommt sofort zurück und überbringt uns die freudige Nachricht, dass gerade eine Hochzeit einer „wohlhabenden“ indischen Gesellschaft im nächsten Hotel gefeiert wird und wir herzlich eingeladen sind, ein wenig Einblick in die fremde Kultur zu erhalten. Die Stimmung ist sehr ausgelassen und herzlich, das Interesse an uns ist ebenso groß wie das unsrige an der Hochzeitsgesellschaft. Wir werden aufgefordert bzw. freundlichst gebeten, dem Paare die Ehre zu erweisen und mitzufeiern, mitzutanzen. Johannes, unser Doktor lässt sich nicht lumpen und mischt sich unters tanzende Volk.

Dann, eine gute Stunde später geht es weiter. Unser nächstes Ziel liegt nur ungefähr 40 Kilometer von Ranikhet entfernt. Das Nainital und der dazugehörige See (Rawi und der Chauffeur bestätigen mir, dass es sich um einen Natur See handelt), gleichen einem Erholungsgebiet, wie es der Königssee für Bayern und das Salzkammergut für Österreich ist.

Wir nächtigen wieder in einem Clubhotel, dem Chevron Resort in Nainital. Trotz des britischen Flairs, wird uns auch hier ein Registrierungsbogen unter die Nase gehalten, welch’ Bürokratismus, welch’ Zettelwirtschaft! Am Abend haben wir noch Gelegenheit die Atmosphäre am See zu genießen. Rawi organisiert eine Bootsfahrt am See. Anschließend bummeln wir entlang des Sees und erhaschen das ein oder andere Souvenir.

Tag 19 – Von Nainital nach Dehli


Bereits um kurz nach 6:00 Uhr morgens verlassen wir Nainital. Heute steht die längste Autotour bevor. Unser Ziel heißt Delhi.

Anfangs ist es noch kühl und ruhig auf den Straßen, unsere Route führt uns ungefähr eine Stunde nur bergab. Es ist schon unglaublich wie viele Kehren und Kurven wir passieren, bis wir die Himalaya-Ausläufer verlassen.

Von da an ändert sich die Landschaft, der Verkehr nimmt rapide zu und mit der reinen und sauberen Luft ist es auch nicht mehr zum Besten bestellt. Eine Eisenbahnstrecke taucht plötzlich auf, auch die Motorrikschas sind wieder da. Der Verkehr nimmt mit jedem Kilometer, den wir gen Delhi fahren zu. Draußen herrschen Temperaturen über 40° Celsius. Um 14:00 Uhr tauchen in der Ferne die ersten Gerippe von Wolkenkratzern auf. Die Peripherie Delhis wird ausgebaut, Wohnblöcke entstehen (natürlich dauert in Indien alles etwas länger als in Europa, aber man dürfte hier keinen Stress haben).

Jetzt wo wir nach 17 Tagen wieder in Delhi eintreffen, frage ich mich teilweise ob dies die selbe Stadt ist, die ich mit etwas Entsetzen bei der Ankunft gesehen habe. Aber gerade Neu Delhi (wo wir jetzt gerade durchfahren) ist im Umbruch. Überall werden Grünanlagen angelegt, die Slums und die Kühe wurden an die Peripherie der Stadt verbannt. Wir fahren vorbei am Gate of India, das Regierungsviertel Indiens ist mit Sicherheit vergleichbar mit jenem Washingtons. Eine breite Asphaltstraße mit roten Sandbett endet weit am Horizont. Die Dimension ist gigantisch. Dann sind es noch fünf Minuten Autofahrt, wir stehen vor unserem Hotel, dem Siddharth.

Der Rest des Nachmittags steht zur freien Verfügung, wir genießen den Hotelpool und ein Steak zum Abendessen.

Tag 20 – Delhi – Abschied von Indien


Ich glaube ich habe es am Vortag mindestens 20 mal versucht, den Freund von Sabine anzurufen. Das Telefonnetz in Delhi dürfte auch nicht viel besser ausgebaut sein, als jenes im hohen Norden Indiens. Durch die Nicht-Erreichbarkeit Krishans (so der Name von Sabine’s Freund), disponieren wir um und fahren mit den Loxtermann’s und Jutta in einem Ambassador durch Delhi. Als Chauffeur fungiert der „Driver“, den die drei im Corbett National Park hatten. Unsere erste Station ist die Freitagsmoschee oder auch Jami Masjid. Die in Indien größte Moschee wurde von 1644 bis 1658 errichtet, sie besitzt zwei Minarette von denen man eines
besteigen kann. Man hat dort eine wunderbare Aussicht auf Delhi, die Moschee und das Fort. Die Moschee fasst 25.000 Besucher.

Sowohl der Weg vom Parkplatz, wo unser „Driver“ auf uns wartet, als auch der Weg von der Freitagsmoschee zum gegenüberliegenden Roten Fort wird per Rikscha zurückgelegt. Das gewaltige Fort thront am Ostende der Chandni Chowk. Zwei Kilometer lang ist es, zwischen 18 und 30 Meter hoch, ein Koloss in rotem Sandstein, mit tiefen Burggräben, imposanten Eingangstoren, Gärten, Pavillons, einer Moschee – und einer abendlichen Sound-&-LightShow. Einen berühmten persischen Vers ließ der Großmogul Shah Jahan, der Delhis Wahrzeichen noch als Hauptresidenz nutzte, an die Nord- und Südwand seiner dort gelegenen Audienzhalle meißeln: Wenn es auf Erden ein Paradies gibt, so ist es hier, ist es hier, ist es hier.

Nach Besichtigung des Forts heißt es, sich durch die bettelnde Menge zu quälen, bei 45° Celsius, ist jegliche Bewegung ohnehin schon Anstrengung genug. Unsere Rikschas bringen uns zurück zum Ambassador und wir fahren weiter zum Gate of India und dem Regierungsviertel, wo wir kurz ein paar Fotos schießen um uns anschließend Richtung Bazar zu begeben. Beim berühmten Lakshmi Narayan Tempel wird aber vorher auch noch ein kurzer Fotostopp eingelegt. Dieses, auch ‘Birla’-Tempel genannte Hindu-Heiligtum ist der Glücksgöttin Lakshmi und ihrem Mann Narayan, einer Inkarnation des Welterhalters Vishnu, geweiht. Es enthält jedoch auch einen buddhistischen Gebetsraum. Die Anlage wurde 1939 von M. Gandhi eingeweiht. Er lebte zu dieser Zeit in dem nahegelegenen Birla-Haus. Beides liegt gut 1 km westlich des Connaught Place.

Der Nachmittag dient dem Einkaufen diversester Statuen, Teekräuter, Seidenballen und indischem Knabberzeug. Der Abend klingt mit dem Abschiedsessen aus, welchem ich, nachdem ich Krishan am Abend dann doch endlich erreiche und mit ihm und zwei Freunden in Hotelbar Bier trinke, etwas verspätet beiwohne.

Um 0:30 Uhr werden wir schließlich von unseren Fahren ein letztes Mal zum International Airport of Delhi Indira Gandhi Terminal II gebracht. Die Fahrt dahin ist allerdings alles andere als ermüdend. Neben uns wir ein Mopedfahrer niedergefahren und der Fahrer begeht Fahrerflucht. Welch’ Unsitten und Gebräuche. Dann noch viele, viele Stempel am Flughafen, wir verabschieden uns schließlich von Rawi und steigen schließlich um 4:30 Uhr früh indischer Zeit in unser Flugzeug, welches uns über Dubai gut nach Deutschland bzw. Österreich bringt. Der aufregendste und gegensätzlichste Urlaub den ich je hatte ist leider vorbei.